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Purpose Economy

Als das Unternehmen Mitte 1998 als GmbH gegründet wurde, haben die Gesellschafter Georg Hasler, Daniel Häni und Thomas Tschopp zwei besondere Regeln in die Statuten aufgenommen: Zum einen soll das Unternehmen unverkäuflich und nicht vererblich sein. Es soll niemandem gehören können, der nicht selbst im Unternehmen tätig ist und Verantwortung trägt. Zum anderen sollen die Unternehmensgewinne stets mit dem Unternehmenszweck verbunden bleiben. Dadurch ist das Unternehmen gegen Übernahme und Gewinnprivatisierung geschützt und bietet einen idealen Rahmen für intrinsische Motivation, Sinnentwicklung und Eigenverantwortung. Im Zentrum steht der Purpose.

Foto: Anna Wyszomierska

Unternehmen Mitte

Gerbergasse 30

4001 Basel

Hintergrund

Purpose ist ein Kulturimpuls, der das «Gute» am Kapitalismus – Eigentum im Sinne von Verantwortung und Gestaltung – mitnimmt und das «Schlechte» daran – Verantwortungslosigkeit und Gewinnprivatisierung – weglässt.

Purpose schafft zudem eine neue Form von Gemeinnützigkeit. Bisher galt als gemeinnützig, wer von seinem Geschäft und Gewinn etwas für soziale Zwecke, für Kultur oder an Bedürftige abgibt. Purpose macht bewusst und realisiert, dass die Wirtschaft selbst eine soziale und gemeinnützige Veranstaltung ist. Sie hat, wenn darin nicht Verantwortungslosigkeit und Gewinnmaximierung vorherrschen, eine grundsätzliche Orientierung am Gemeinwohl – Menschen arbeiten für Menschen. Je unmittelbarer dies getan werden kann, desto besser ist es für alle Beteiligten.

Purpose Stiftung

2014 gründete Armin Steuernagel zusammen mit Ernst Schütz und Daniel Häni die Purpose Stiftung in Basel. Die Stiftung hat bisher über hundert Unternehmen geholfen, sich in dieser oder ähnlicher Weise zu konstituieren, und setzt sich dafür ein, jenen Kulturimpuls in die Gesellschaft und auch auf die politische Bühne zu bringen. In Deutschland wird unter der amtierenden Ampelregierung eine entsprechende neue Rechtsform geschaffen.

Verantwortungseigentum

23. Oktober 2023 - Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier eröffnet die VE:23 in Berlin, den Tag des treuhändischen Unternehmertums.

«Ich arbeite nicht für Geld. Geld ist das Mittel, nicht der Zweck.» Ein Gespräch mit Daniel Häni, Co-Geschäftsführer Unternehmen Mitte

UM

Wie seid ihr auf die Idee gekommen, euch keine Gewinne auszuzahlen und auszuschliessen, dass das Unternehmen verkauft oder vererbt werden kann?

Daniel Häni

Aus dem Bauch heraus. Wir haben die GmbH einfach so konstituiert, wie es uns richtig erschien. Wir wollten auf selbstbestimmte und verantwortungsvolle Weise etwas Sinnvolles für andere Menschen tun. Dieses Gefühl haben wir ernst genommen und realisiert. Inspiriert waren wir vom Eigentumsbegriff der Maryon-Stiftung für Häuser und Grundstücke, den wir weiterentwickelt und auf Unternehmen übertragen haben. Für uns war klar: Unternehmen sollen keine Spekulations- und Konsumgüter sein. Ein Unternehmen ist kein Brot, sondern eine Bäckerei.

UM

Welche Bedeutung hat dies für das Unternehmen Mitte?

Daniel Häni

Zum einen hat es uns ermöglicht, über die Jahre einen entwicklungsgemässen Wechsel in der Führung und Eigentümerschaft vornehmen zu können. Ansonsten hätten wir das Unternehmen jeweils aufteilen oder verschulden müssen. Da die Eigentümerschaft nur nominal am Stammkapital von 60 000 CHF beteiligt ist, muss bei Austritt auch nur dieses vergütet werden.

Zum anderen bedeutet es, dass wir im Unternehmen Mitte einen hohen Grad an intrinsischer Motivation haben und dadurch ein innovatives, an Qualität und Schönheit orientiertes, verantwortungsvolles Unternehmen sein können – auf immer wieder neue Weise. Wir haben das Gefühl, dass wir in Basel eine gefragte und geschätzte öffentliche Aufgabe erfüllen, die nur durch unsere Purpose-Struktur möglich ist. Die meisten anderen Kulturorte leben von staatlichen Subventionen und fast alle Läden um uns herum wurden in den letzten 25 Jahren geschlossen, hatten Eigentümerwechsel und nicht selten auch Insolvenzen.

UM

Was machen wir mit Gewinnen?

Daniel Häni

Der Gewinn eines Unternehmens ist das Saatgut. Es ist nicht klug, wenn man es aufzehrt. Stimmig ist, wenn die Gewinne im Unternehmen bleiben und reinvestiert statt privatisiert werden. Da wir nicht gewinnbeteiligt sind, haben wir zudem einen ungetrübten Blick auf Investitionen und das Unternehmen als Ganzes.

UM

Welche Folgen hat dies auf menschlicher Ebene?

Daniel Häni

Das ist eine interessante Frage. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass durch die Purpose-Regeln mehr menschliche Verantwortung entsteht. Das hat ganz einfach damit zu tun, dass ich das, was ich leiste, für das Unternehmen und seine Kund*innen tue und nicht für die Eigentümer*innen. Der Erfolg meiner Leistung ist wahrhaftig und kann nicht abgezweigt werden. Weil wir Mitarbeiter*innen wissen, dass wir nicht für die Eigentümer*innen, sondern für die Sache arbeiten, haben wir eine viel gesündere Motivationsstruktur.

Durch die Purpose-Konstitution und das damit verbundene Menschenbild haben wir das Prinzip des Vertrauens von Beginn an höher gewichtet als das der Kontrolle. In Umkehrung des bekannten Satzes sagen wir: «Kontrolle ist gut, Vertrauen ist besser.» Das hat uns in vielen Bereichen Vorteile verschafft.

UM

Warum willst du das Geld nicht in die eigene Tasche stecken?

Daniel Häni

Ich arbeite nicht für Geld. Geld ist das Mittel, nicht der Zweck.

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